Angsthunde

Wissenswertes zum Thema Angst

                                   

Erst einmal ist Angst eine normale und überaus sinnvolle Reaktion.

Für eine Maus macht es durchaus Sinn vor einer Katze Angst zu haben. Wenn die Maus die Katze wahrnimmt, wird sie weglaufen und sich in ihrem Mauseloch verstecken. Das ist eine völlig angemessene Reaktion, denn dieses Verhalten wird das Leben der Maus verlängern. Angst löst also Reaktionen aus, die ursprünglich dazu gedacht sind, uns zu schützen.


Ein Hund (sowie die meisten Tiere) hat unterschiedliche Möglichkeiten auf (angstauslösende) Reize zu reagieren.

Die bekannten 4 Fs:


 Fight = Kampf


 Flight = Flucht


 Freeze = Erstarren


 Fiddle about = Überspielen einer Situation (herum kaspern)   

 

Ich denke, dass diese erweiterbar sind und noch das Fawn = Bindung sowie das Unterwerfen dazu genommen werden können.


Kommt der Hund in eine Situation, die ihm Angst macht, wird er eine dieser Strategien wählen. Welche er wählt ist abhängig von der Situation, der Persönlichkeit des Hundes und seiner Erfahrung.


Nehmen wir einen Hund, der Angst vor einem Fahrrad hat. So könnte der  Hund die Strategie Flucht wählen. Er kann weglaufen, um so die

Distanz zum Fahrrad zu erhöhen. Er läuft soweit bis der Abstand groß genug ist und er sich wieder sicher fühlt.


Das ist eine gute Strategie, wenn der Hund in Spanien auf der Straße lebt. Aus seiner Erfahrung hat der Hund gelernt, bei Fahrrädern ist weglaufen gut. Hier in Deutschland ist der Hund an einem Sicherheitsgeschirr angeleint. Plötzlich hilft diese Strategie nicht mehr. Der Hund wird sich eine andere Strategie suchen.


Wenn er als Welpe gelernt hat, dass seine Mutter und im Idealfall ein Mensch, ihn beschützen konnten, wird er vielleicht diese Strategie nutzen und sich bei seinem Menschen verstecken. (Bindung)


Der Hund könnte aber auch angreifen. Vielleicht hat er die Erfahrung gemacht, dass das Fahrrad dann immer weiter fährt, wenn er es wütend anbellt. (Kampf)


Der Hund lernt, welche Strategie bei Bedrohung sinnvoll für ihn ist. Er wird dann immer öfter auf diese Strategie zurückgreifen, solange diese für den Hund gut funktioniert.


Wie stark die Reaktion ausfällt, ist abhängig von dem Erregungsgrad. Ein entspannter Hund wird eventuell nur den Kopf drehen, wenn mir in der Küche ein Teller herunterfällt, während ein leicht erregbarer Hund vor Schreck bis ins nächste Zimmer rennt.


Ängstlichkeit ist aber auch ein Persönlichkeitsmerkmal. Es gibt Persönlichkeiten, die sind durch nichts zu erschüttern, und es gibt die mit dem dünnen Nervenkostüm. Bei Hunden genauso wie beim Menschen.



Wie entsteht Angst?


Die Amygdala, als Sitz der Angst, ist Teil des limbischen Systems im Gehirn. Vereinfacht gesagt ist das limbische System das Areal, das für die Entstehung und Verarbeitung von Emotionen im Gehirn

zuständig ist.

Bei Angst reagiert der Körper, wie bei anderem Stress auch, durch Ausschüttung verschiedener Botenstoffe (Neurotransmitter). Damit wird der Körper mobilisiert, um auf die Gefahr schnell zu reagieren. Die wichtigsten Neurotransmitter sind: Adrenalin, Noradrenalin, Dopamin und Cortisol.



 Gegenspieler der Angst

 

Der präfrontale Cortex befindet sich im vorderen Bereich des Gehirns. Er ist entscheidend am Arbeitsgedächtnis beteiligt. Auch bewertet er die Emotionen und dient größtenteils dem Denken und der Problemlösung.


Der präfrontale Cortex ist für analytisches, vernunftbezogenes, bewusstes Handeln zuständig. Diese beiden Gehirnareale, das limbische System und der präfrontale Cortex bedingen sich gegenseitig. Das heißt, wenn ein Teil aktiv ist, unterdrückt er den anderen.

Wenn ein Hund also den präfrontalen Cortex nutzt, um z.B. eine Aufgabe auszuführen, unterdrückt er nebenbei das limbische System, und es wird weniger Angst entstehen können.

Dann ist da noch das Oxytocin-, das Partnerschaftshormon. Es reduziert Stress und Angst und aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn. Oxytocin wird ausgeschüttet bei Berührungen des (geliebten) Sozialpartners. Blickkontakt reicht aber oft auch schon aus.


Dieses Wissen ist sehr hilfreich im Umgang mit ängstlichen Hunden. Es zeigt wie wichtig es ist, gerade einem ängstlichen Hund eine gute Erziehung zukommen zu lassen.

Durch Erziehung wird der präfrontale Cortex, einfach ausgedrückt, trainiert. Je besser er trainiert ist, umso besser kann er das limbische System unterdrücken.


Wenn der Hund eine vertrauensvolle Bindung zu seinem Menschen aufgebaut hat, kann er in Gegenwart seines Menschen Oxytocin ausschütten, und das reduziert ebenfalls Angst und Stress.